In früheren Zeiten hatte das Schafkopfspielen in ganz Bayern einen großen Stellenwert und gilt seit jeher als die „Mutter des Trumpfspiels“. So treffen sich beim Stammtisch Tettenwang und beim wöchentlichen Gesellschaftstag im „Schulhaus“ Freunde des Schafkopfspiels. Aufgrund immer weniger Gastwirtschaften und Stammtischen, in denen das Karteln auch nicht gern gesehen wird, nimmt die Anzahl der Schafkopffreunde leider seit Jahren kontinuierlich ab. Um diesem negativen Trend entgegenzutreten, startete der Dachverein Tettenwang am letzten Wochenende einen vierwöchigen Schafkopfkurs. „Wir freuen uns sehr, dass sich so viele interessierte Dorfbewohner zu dem Schafkopfkurs entschieden haben“, so die Dachvereinsvorsitzenden Bernhard Eberl und Kai Stopfer.
Schafkopfen seit 200 Jahren bekannt
Der Ursprung des Namens Schafkopf ist bis heute umstritten. Eine Theorie besagt, dass früher das Kartenspiel auf Fässern ausgetragen wurde. Diese wurden „Schaff“ und ihre Deckel „Kopf“ genannt. Zusammengesetzt ergibt sich hieraus die bis Ende der 60er-Jahre gängige Schreibweise Schaffkopf statt Schafkopf. Das erste gedruckte und bis zum heutigen Tag erhaltene Schafkopf-Regelwerk stammt aus dieser Zeit. Fakt ist: Schafkopf ist ein traditionelles deutsches Kartenspiel und eines der beliebtesten und verbreitetsten Kartenspiele Bayerns und angrenzender Regionen. Immer wieder herrscht im Volksmund die Meinung, Schafkopf sei ein Glücksspiel – das ist nicht richtig, denn im Gegensatz zu manch anderem Kartenspiel zählt das Schafkopfen zu den sogenannten Geschicklichkeitsspielen. „Der Spielausgang beim Schafkopf ist mehr vom Können des Spielers abhängig als von Elementen des Zufalls bestimmt“, bestätigt einer der Trainer Sebastian Schmailzl, der sich seit vielen Jahrzehnten mit Leidenschaft dem Schafkopfspiel widmet.
Rufspiel, Wenz, Solo und Tout
Knapp zwei Dutzend Frauen und Männer fanden sich am Freitagabend zum ersten Abend des Schafkopfkurses im Dorfgemeinschaftshaus ein. Kai Stopfer, der Vizevorsitzende des örtlichen Dachvereins, hieß alle Teilnehmer auf das herzlichste willkommen. Zum Auftakt startete er eine umfassende Einführung in das beliebte Schafkopfspiel. „Im üblichen wird in unserer Gegend der Schafkopf mit der kurzen Karte gespielt, d.h. mit 24 Karten in den Farben Eichel, Gras (Grün), Herz und Schellen“, so Stopfer. Zu den Karten jeder Farbe mit den folgenden Punkgehören die Sau (Ass) mit elf Punkten, dem Zehner mit zehn Punkten, dem König mit vier Punkten, dem Ober mit drei und dem Unter mit zwei Punkten - der Neuner bringt keine Punkte. Alle 24 Karten zusammen ergeben somit 120 Punkte. Bis auf wenigen Ausnahmen ist ein Spiel gewonnen, wenn 61 Punkte in den Stichen der Siegerpartei sind. Es gibt drei unverzichtbare Arten von Spielen: das Rufspiel, der Wenz und das Solo. Beim Rufspiel (im Volksmund Sauspiel genannt) spielen jeweils zwei Spieler gegen die zwei anderen in der Vierrunde. Trumpf beim Rufspiel ist immer Herz. Gespielt wird mit der „Alten“ (Eichelsau), der „Grünen“ (Grassau) und der „Bumpl“ (Schellensau). Ohne Partner und damit als Einzelspieler wird beim Geier, beim Wenz und Farbwenz sowie beim Solo gespielt. Beim Wenz sind nur die vier „Unter“ Trümpfe, und zwar mit der Rangfolge Eichel, Gras, Herz und Schellen. Beim „Farbwenz“ ist zusätzlich noch eine Farbe Trumpf, somit gibt es neun Trümpfe. Beim „Geier“ sind nur die vier „Ober“ Trumpf, wie in der Reihenfolge beim Wenz. Wenz und Solo sind Einzelspiele, bei dem ein Spieler gegen die drei anderen zu gewinnen versucht. Die höchsten Trümpfe beim Solo sind die „Ober“ und dann die „Unter“ in der Rangfolge ihrer Farben, nämlich Eichel, Gras, Herz und Schellen. Beim „Solo“ bestimmt der Alleinspieler die Trumpffarbe. Nach den „Obern“ und „Untern“ ist die Rangfolge bei der Trumpffarbe, aber auch bei den anderen Farben Sau, Zehner, König und Neuner. Die höchste Wertsteigerung beim Schafkopf ist ein „Solo Tout“. Dabei muss der Alleinspieler alle Stiche machen und so alle 24 Karten auf sich vereinen. Wir die „Lange“ mit 32 Karten gespielt und hat ein Spieler alle „Ober“ und „Unter“ auf der Hand, dann spricht man vom äußerst seltenen „Tout Sie“. Die ganze Rangfolge beim Schafkopf ist somit: Solo Tout – Wenz Tout – Farbwenz Tout – Geier Tout – Solo – Wenz – Farbwenz – Geier – Rufspiel.
61 Punkte gewonnen - Schneider & Schwarz
Gespannt verfolgten die gut ein Dutzend Nachwuchsspieler die Ausführungen von Kai Stopfer, aber als es dann endlich mit dem ersten Spiel los ging, kehrte eine ganz besondere Stimmung an den Tischen ein. Das eigentliche Spiel begann nach dem Abheben des Kartenstapels mit dem Ausgeben von jeweils sechs Karten an jeden Mitspieler. Zur besseren Verständigung wurden die Karten offen ausgelegt. Im Uhrzeigersinn erklärten einer nach dem anderen, ob er ein Spiel habe. „Ich spiele" – hieß es gleich beim ersten Spieler – und der dritte Spieler sagte: „Ich spiele auch“. Die beiden anderen Spieler sagten „Weiter". So waren die Schiedsrichter schon beim ersten Spiel gefordert. Schließlich muss der Erstmeldende sein Spiel bekanntgeben. Will der Voransitzende aber kein Sauspiel machen und lieber selber alleine spielen, so nennt er sein Einzelspiel, wie z.B. Geier, Wenz oder Solo. Und so waren die Teilnehmer begeistert über den Spielablauf, welches der erste Spieler schließlich für sich entscheiden konnte, indem er 95 Punkte erzielte. So waren die Mitspieler gleich „Schneider“, weil sie die erforderliche Punktezahl von 30 erzielten. Ganz anders verlief das zweite Spiel: Da sich niemand bereit erklärt zu spielen, wurde nach den Schafkopfregeln „Zusammengeworfen“. „Im Echtfall kommt hier von jedem Mitspieler ein bestimmter Betrag in den „Stock“ und neue Karten werden ausgegeben“, so die Schiedsrichter. Kommt dann ein Spiel zustande, erhalten die beiden Gewinner des „Sauspiels“ den Stock je zur Hälfte. Der Einzelgewinner könnte den „Stock“ alleine für sich in Empfang nehmen. Verliert diese jedoch das Spiel, muss er allein den Stock „verdoppeln“. Im weiteren Spielverlauf wird stets von demjenigen ausgespielt, der den vorhergehenden Stich machte. Beim Zuwerfen muss, wenn dies möglich ist, Farbe oder Trumpf zugegeben werden. Wer die ausgespielte Farbe nicht hat, kann entweder Trumpf zuwerfen, stechen oder auch ein Blatt einer anderen Farbe zugeben. Ein Stich besteht aus je einer Karte der vier mitspielenden Personen. Der Stich gehört demjenigen, von dem die höchste Karte der ausgespielten Farbe stammt. Wird Trumpf ausgespielt, so gehört der Stich dem Spieler, der die höchste Trumpfkarte gebracht hat. Nach Ablauf eines jeden Spiels wird festgestellt, wie viel Punkte jede der beiden Parteien erzielt hat. Daraus ergibt sich, wer wie hoch gewonnen hat. Hat eine Partei zwischen 61 und 90 Punkte erreicht, so hat sie das Spiel einfach gewonnen. Haben beide Parteien 60 Punkte, so verliert die Partei mit dem Spielmacher. Hat eine Partei 91 oder mehr Punkte, so hat sie "Schneider" gewonnen. Der Nicht-Spielmacher-Partei genügen 90 Punkte zum Sieg mit Schneider. Hat eine Partei alle acht Stiche gemacht, so hat sie "Schwarz" gewonnen. Die üblichen Preise beim bayrischen Schafkopf können frei vereinbart werden. Als Anhaltspunkt für eine vernünftige Relation der verschiedenen Preise untereinander gilt: ein Rufspiel kostet 10 Cent, ebenso Schneider und Schwarz. „Laufende“ ab drei kosten ebenso 10 Cent. 50 Cent erhält der Sieger von jedem der drei Mitspieler beim Wenz, Geier oder Solo. Richtig teuer wird’s beim Tout mit beispielweise drei Obern, Schneider und Schwarz: 50 Cent für das Spiel, 30 Cent für die drei Ober, je 10 Cent für Schneider und Schwarz und dann doppelt beim Tout ergibt somit zwei Euro je Person.
Stoß – Spritze oder Kontra verdoppelt den Spielpreis
„Trotz strenger Regeln verläuft jedes Schafkopfspiel anders“ – erzählen die erfahrenen Schafkopfer und Schiedsrichter Matthias Brunner, Georg Haunschild, Bernhard Hegenberger und Stefan Koch vom Tettenwanger Dachverein. Schon nach dem ersten Abend kann als Resümee gezogen werden, dass Schafkopfen ein sehr vielseitiges Spiel ist, bei dem es gilt, möglichst viel Erfahrung zu sammeln und so aus Fehlern zu lernen. Die elf Nachwuchsspieler der örtlichen Landjugend sowie auch vier Erwachsenen, darunter zwei Frauen, zeigten sich sehr erfreut, mit den Profis zu spielen und so wichtige Erfahrungen zu sammeln. Und damit die Gemeinschaft untereinander noch besser gefördert werde, wechseln die Spieler an jedem der acht Kursabende die Kartentische. „So lernen sich die Spieler besser kennen und spüren, wie jeder sein persönliches Spiel macht“, freut sich Kai Stopfer vom Dachverein. Dass auch beim Schafkopfen – wie im echten Leben – nicht alles reibungslos verläuft und der Gegner versucht, mit Geschick das Spiel für sich zu gewinnen, haben die Teilnehmer ebenso erlebt. Wenn ein Gegner glaubt, dass die Spielerpartei die zum Spielgewinn erforderlichen Punkte nicht erreichen wird, so kann er "stoßen" ("Spritze" geben, "Contra" sagen). Der Stoß ist zu Beginn des Spiels zu erklären, wann genau, wird über die Regeleinstellungen festgelegt. Wenn es die Regeleinstellungen erlauben, können sowohl der Spielmacher als auch sein Mitspieler einen Stoß mit einem Gegenstoß (auch „Re“ genannt) beantworten. Nun wiederum kann ein Spieler der Gegenpartei mit Supra nochmals steigern. Dass der Wandel in den letzten Jahren auch beim Schafkopfen nicht Halt gemacht hat, beweist die Teilnahme von fünf Frauen unter den Kursteilnehmern. Längst ist Schafkopfen nicht nur mehr reine Männersache! Das Fazit am ersten Abend fiel gemischt aus: „Auf dem ersten Blick ist Schafkopf leicht zu lernen, aber schwierig wird es bei der Ausführung“, so die Teilnehmer. Deshalb wollen die Verantwortlichen des Dachvereins im Schafkopfkurs vielen die Möglichkeit zum Einstieg geben. „Wir haben genügend aktive Schafkopfer, welche den Kursteilnehmern mit fachlichem Rat beim vierwöchigen Kurs als Helfer zur Seite stehen“, freuen sich die Organisatoren.
Kai Stopfer (Cheforganisator): „Vor fünfzehn Jahren habe ich im Dorf einen Schafkopfkurs besucht und habe seit dieser Zeit viel Erfahrungen in diesem schönen Spiel gemacht. Beim Schafkopf brauchst du Geduld und natürlich eine gute Karte. Das Wichtigste ist allerdings die Übung! Deshalb sollte man möglichst regelmäßig spielen, um das Erlernte weiter zu forcieren“.
Martin Wittich: „Da ich bisher nur Watten spiele, möchte ich jetzt die Chance nutzen, bei uns im Schulhaus das Schafkopfen zu erlernen. Wir sind ein Dutzend Freunde unserer Landjugendgruppe und kennen uns seit vielen Jahren. So können wir künftig auch regelmäßig im Schulhaus Schafkopf spielen – ich freue mich darauf!“
Susanne Stopfer: „Ich kenne Schafkopfen seit vielen Jahren, da in unserer Familie mein Mann und unser Opa leidenschaftlich spielen. Zusammen mit meinem Sohn Josef will ich durch diesen Kurs erste Erfahrungen machen und das Schafkopfen erlernen. Vielleicht können wir dann schon an Ostern unseren ersten Schafkopfabend in der Familie spielen“.
Edith Koch: „Mein Interesse am Schafkopfspielen ist groß, da mein Mann und mein Sohn bereits spielen. Es ist schön, wenn man in der Familie oder im Freundeskreis zusammenkommt und neben Brettspielen auch Schafkopfen spielen kann. Nach der ersten Übungsrunde muss ich aber feststellen, dass es viel Hirnschmalz braucht und ich mir das einfacher vorgestellt habe. Ich bin gespannt, wie es weiter geht“
Josef Stopfer: „I tats Schafkopfa gern kinna, damit ich mit meinen Freunden regelmäßig spielen kann. Auch zuhause möchte ich dann mit meinen Eltern und meinem Opa Schafkopf spielen. Ganz ohne Vorkenntnisse bin ich nicht hier, da ich mir bereits im Vorfeld erkundigt habe.
Sebastian Schmailzl (Trainer): „Seit meiner frühesten Kindheit bin ich mit Schafkopfen aufgewachsen. Unser Vater hat mir und meinen Geschwistern das Spiel erlernt. Regelmäßig spiele ich beim wöchentlichen Stammtisch und gehe auch gern auf Schafkopfturniere in der näheren Umgebung. Noch gut kann ich mich erinnern, als ich das Turnier beim Volksfest in Riedenburg gewonnen habe“.
Bogenberger Sebastian: „Bisher habe ich keine Erfahrungen im Schafkopfen, aber ich kenne Watten. Mich reizt es, dass Schafkopfen zu erlernen, damit ich mit meinen KLJB-Freunden regelmäßig spielen kann. Ich finde es sehr gut, dass unser Dachverein so einen Schafkopfkurs anbietet“.
von Bernhard Hegenberger